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Partnerorganisationen

Wie schaffen Genossenschaften bezahlbaren und sinnvoll gestalteten Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten? Mit Rücksicht auf die Bewohnenden und starken Partnern gelingt der Spagat zwischen Suffizienz, sozialer Nachhaltigkeit und der Angebotsvielfalt. Das zeigt das Panel-Gespräch mit dem Jugendwohnnetz (JUWO), der Stiftung Domicil und der Interessengemeinschaft für Sozialpsychiatrie Zürich (IGSP).

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Die Stiftung Domizil vermittelt Wohnraum an wirtschaftlich, sozial und kulturell benachteiligte Menschen, haftet solidarisch im Mietvertrag und unterstützt die Mieter*innen im laufenden Mietverhältnis und bei der sozialen Integration in ihrem Wohnumfeld.
Wir vom Jugendwohnnetz (JUWO) bieten Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Ausbildung preisgünstigen Wohnraum in Zürich und Umgebung. Damit ermöglichen wir unserer Zielgruppe eine eigene Wohnsituation und unterstützen sie auf ihrem Weg in die persönliche und berufliche Unabhängigkeit.
Wir von der Interessensgemeinschaft für Sozialpsychiatrie Zürich (IGSP) setzen uns für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen ein und bieten ihnen dazu auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Wohn- und Lebensräume an. Wir unterstützen unsere Zielgruppe bei der sozialen Integration, der Bewältigung des Alltags und der Förderung ihrer individuellen Fähigkeiten.

Der Sunnige Hof hat sich der Aufgabe verschrieben, einer möglichst breiten Bevölkerungsschicht bezahlbaren Wohnraum in der Stadt und im Grossraum Zürich zur Verfügung zu stellen. Diesen Kernauftrag verfolgt die Siedlungsgenossenschaft ungeachtet des Geschlechts, der wirtschaftlichen Situation oder der Herkunft ihrer potenziellen Bewohnerschaft.

Aber nicht alle Bedürfnisse kann der Sunnige Hof von sich aus abdecken. Im Bereich des preisgünstigen Wohnbaus für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, Personen in schwierigen finanziellen Situationen oder Studierenden verlässt sich der Sunnige Hof auf die Erfahrungen und Expertise von Partnerorganisationen. Im Gespräch mit der Sunnige Hof Kommunikationsabteilung sprechen die drei Panelteilnehmer*innen Nadine Felix, Geschäftsführerin der Stiftung Domicil, Lena Landert, Geschäftsführerin der Interessensgesellschaft für Sozialpsychiatrie Zürich (IGSP) sowie Patrik Suter, Geschäftsführer des Jugendwohnnetzes (JUWO) davon, was eine gute Partnerschaft ausmacht und wo sie sich verstärkt Unterstützung seitens der gemeinnützigen Wohnbauträger im Allgemeinen und vom Sunnige Hof im Speziellen wünschen. Denn alle drei Organisationen sind davon abhängig, dass ihnen die Zürcher Baugenossenschaften Wohnraum zur Verfügung stellen, damit sie ihren Zweck erfüllen können.

Das Panel-Gespräch förderte vier Herausforderungen zutage, mit welchen sich der Sunnige Hof gemeinsam mit seinen Partnerorganisationen zukünftig vertieft auseinandersetzen sollte.

Herausforderung 1: Unterschiedliche Bedürfnisse adressieren
Bei der Kooperation mit dem Sunnige Hof steht für alle drei Partnerorganisationen ein entscheidendes Kernelement im Vordergrund: nämlich die Sicherstellung von günstigem und bezahlbarem Wohnraum für die eigene Klientel. Dieses Grundbedürfnis verbindet die IGSP, die Stiftung Domicil wie auch das JUWO miteinander. Bei der Berechnung der maximalen Mietzinshöhe orientieren sich alle drei Organisationen an den sogenannten Wohnkostenbeiträgen, welche die Stadt Zürich beispielsweise bei der Sozialhilfe als Berechnungsgrundlage hinzuzieht.

Nebst einem möglichst tiefen Mietzins müssen die Partnerorganisationen aber noch weitere, teils unterschiedliche Bedürfnisse ihrer Zielgruppen befriedigen. Während das JUWO kompakte Wohnobjekte mit vielen kleinen Zimmern für den WG-Gebrauch bevorzugt, ist die IGSP von der Solidarität der Wohnbaugenossenschaften und der dort lebenden Bevölkerung abhängig. «Wir sind auf Partner angewiesen, die Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen passenden Wohn- und Lebensraum anbieten und diese mit offenen Armen und ohne Vorurteile empfangen. Diese Bereitschaft ist nicht selbstverständlich», sagt Lena Landert dazu.

Die Stiftung Domicil möchte ein sicheres Wohnumfeld für finanzschwache Familien schaffen. Die Stiftung bietet als Solidarhafterin Sicherheit für die Wohnraumanbieter*in, sodass Mieter*innen mit begrenzten finanziellen Mitteln eine Chance erhalten, selbst eine Wohnung zu mieten. Angesichts dieser Bedürfnisvielfalt sind Wohnbaugenossenschaften wie der Sunnige Hof aufgefordert, die Anliegen zu berücksichtigen und in Sanierungs- und Bauprojekte zu integrieren.

Welche Wohnformen sind für die Zielgruppe der JUWO besonders wichtig?
Für unsere Studierenden und Lernenden sind kompakte, bezahlbare Wohnungen zentral. Kleinere Zimmer mit gemeinschaftlich genutzten Räumen wie Küchen oder Aufenthaltsbereichen ermöglichen nicht nur günstigen Wohnraum, sondern fördern auch den sozialen Austausch.

Herausforderung 2: Grundrisse und Wohnformen
Die grössten Unterschiede bei den Bedürfnissen der drei Partnerorganisationen zeigen sich bei der Ausgestaltung der Wohnobjekte. Das JUWO legt seine Priorität klar auf die Suffizienz der Räumlichkeiten mit kompakten Grundrissen und mehreren kleineren Einzelzimmern. Die Zielgruppe des JUWO, junge Menschen in Ausbildung, braucht keine grossen, luxuriösen Wohnungen, sondern vielmehr eine günstige, zweckmässige Infrastruktur, bestehend aus einer gemeinsamen Küche/Wohnraum und Nasszelle, aber mit abschliessbaren Zimmern zur Einzelnutzung. Das garantiert den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Ausbildung grösstmögliche Privatsphäre.

Um die spezifischen Bedürfnisse ihrer Zielgruppe zu erfüllen, beteiligt sich das JUWO verstärkt an Neubau- und Sanierungsprojekten von Wohnbaugenossenschaften. In Zusammenarbeit mit einigen Wohnbaugenossenschaften konnte das JUWO bei Neubauten ihre spezifischen Wünsche und Bedürfnisse einfliessen lassen. «Im Dialog mit der Wohnbaugenossenschaft zeigen wir auf, wie unserer Erfahrung nach ein Innenausbau ausgestaltet werden soll», sagt Patrik Suter. Daraufhin setzten die Genossenschaften mit finanzieller Beteiligung des JUWO die eingebrachten Vorschläge beim Innenausbau um. Patrik Suter betrachtet diese Art der Partnerschaft als Win-win-Situation: «Die Wohnbaugenossenschaften sind genauso wie wir an suffizienten Grundrissen und kompakten Neubauten interessiert, denn jeder Quadratmeter kostet Geld und Platz.»

Die IGSP-Chefin Lena Landert hat die gleichen Erfahrungen gemacht: «Als sich eine Wohnbaugenossenschaft in der Planungsphase für einen Neubau befand, haben wir mit ihr den Austausch gesucht. Dank diesem Dialog konnten wir unser Bewerbungskonzept für zwei Wohnobjekte einreichen und dürfen diese nun ab Herbst 2025 für unsere Zwecke nutzen.» Das Wohnkonzept der IGSP sieht grosszügige Wohnobjekte mit abgetrennten Privatbereichen vor; vorzugsweise mit einer genügenden Anzahl von separaten Nasszellen. Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, die in betreuten und begleiteten Wohnsettings leben, benötigen zwar genügend Begegnungszonen, aber auch viel Privatsphäre. Darüber hinaus braucht das betreuende Fachpersonal zusätzliche Räumlichkeiten, um Einzelgespräche mit den Bewohnenden zu führen.

Die Stiftung Domicil ist bei ihrer Suche und Ausgestaltung des günstigen Wohnraumes flexibler, weil sich die Stiftung für Familien mit unterschiedlichen Wohnbedürfnissen einsetzt. Die Domicil-Geschäftsleiterin sieht sich als Fürsprecherin von sozioökonomisch schwächeren Menschen. Diese suchen möglichst «normale» Wohnungen, welche bezahlbar sein sollen.

«Working-Poor-Familien brauchen keine Wohnfläche mit einem superschicken Fussboden oder eine hippe Loftwohnung. Sie benötigen ein sicheres Zuhause. Dafür setze ich mich ein», sagt Nadine Felix.

In einem Punkt sind sich die drei Geschäftsführenden einig: Alle wünschen sich, dass sie die zur Verfügung gestellten Wohnräume nicht nur zeitlich begrenzt, sondern mittel- bis langfristig nutzen dürfen. Dies ist leider nicht immer möglich, denn oft befinden sich die günstigen Wohnungen in Abbruchliegenschaften und die Mietverträge sind demzufolge befristet.

Wie können unterschiedliche Wohnbedürfnisse berücksichtigt werden?
Unsere Zielgruppe umfasst ganz unterschiedliche Familienmodelle – von Patchwork- über Grossfamilien bis zu Alleinerziehenden. Entscheidend sind daher Wohnangebote, die sich flexibel anpassen lassen, sei es durch zuschaltbare Zimmer oder Wohnungen, die sich über die Jahre mit der Familie mitentwickeln können.

Herausforderung 3: Zwischennutzung
Damit ist die dritte Herausforderung adressiert, denn die Wohnungsknappheit hat den Trend zu einer verdichteten Bauweise verschärft. In die Jahre gekommene Gebäude oder Altbauten müssen immer öfters Neubauten weichen. Dieser Umstand liess die Praxis der Zwischennutzung von Abbruchliegenschaften in den letzten Jahren stark ansteigen. Für das JUWO ist dieser Fakt zwar umständlich, aber weil Jugendliche und junge Erwachsene in Ausbildung eine Wohnsituation mit einem engen Planungshorizont haben, kann das JUWO die Herausforderung der Zwischennutzung gut bewältigen.

Währenddessen blickt die Stiftung Domicil gespalten auf die Praxis der Zwischennutzung. Zwar gebe die Zwischennutzung den betroffenen Familien vorübergehend die Möglichkeit eines sicheren Dachs über dem Kopf. Andererseits widerspreche diese Praxis dem übergeordneten Ziel, den Menschen ein langfristiges Zuhause zu bieten. «Die Praxis der Zwischennutzung ist immer mit einem Ablaufdatum verbunden und somit eine Herausforderung für die Familien und unsere Organisation», sagt Nadine Felix. Deshalb appelliert die Domicil-Geschäftsführerin an den Sunnige Hof, den Partnerorganisationen auch in Zukunft langfristige und permanente Wohnlösungen für ihr Klientel anzubieten – im Sinne der sozialen Nachhaltigkeit.

Für die IGSP sind Zwischennutzungen keine gangbare Lösung. Sie setzt fast ausschliesslich auf langfristige Mietverhältnisse.

Herausforderung 4: Soziale Integration
Neben der Suche nach preiswertem Wohnraum behalten die Partnerorganisationen aber auch die soziale Integration im Blick – und orten dort Verbesserungspotenzial: Weil die Mietverträge direkt über die Partnerorganisationen abgewickelt würden, hätten die Bewohnenden meist den subjektiven Eindruck, kein vollwertiges Mitglied der Genossenschaft zu sein. «Die Familien sind mit ihren Jobs, den Kindern und der allfälligen Sprachbarriere schon genug absorbiert. Da würde ihnen im Alltag eine aktive Willkommenskultur helfen», sagt Domicil-Geschäftsleiterin Nadine Felix. Gerade in einer Genossenschaft stelle die soziale Integration für ihre Zielgruppe eine Chance dar. Deshalb wünscht sie sich eine erleichterte Aufnahme ihrer Mietenden als Genossenschafter mit dazugehörenden Anteilsscheinen. Das JUWO legt ebenfalls Wert auf die soziale Integration ihrer Zielgruppe in die Gemeinschaft und sensibilisiert die Jugendlichen und jungen Erwachsenen beim Vermietungsprozess in diesem Bereich. «In unseren Erstgesprächen ermuntern wir sie dazu, die Nachbarn zu begrüssen, an Siedlungsaktivitäten teilzunehmen und sich selbst in der Gemeinschaft zu engagieren», sagt JUWO-Geschäftsführer Patrik Suter. Auch wenn der Zeithorizont der Jugendlichen und jungen Erwachsenen beschränkt sei, trage diese Sensibilisierung durchaus Früchte.

Die IGSP-Geschäftsführerin kann ihrerseits über erste Erfolge bei der sozialen Integration ihrer Bewohnenden berichten: «Drei Klienten hatten sich beispielsweise dem Sunnige Hof Chor mit Begeisterung angeschlossen.» Ein weiterer Bewohner hatte die Gelegenheit, seine eigenen Werke in der Galerie «Kunst und Buch» im Mattenhof  zu präsentieren. In den Augen von Lena Landert würden weitere Begegnungszonen in den Siedlungen die soziale Integration noch zusätzlich stärken und fördern.

Wie kann eine Genossenschaft zur sozialen Integration beitragen?
Begegnungszonen sind wertvoll, genauso wie niederschwellige Angebote oder soziale Animation. Unsere Klienten nutzen bereits den Fitnessraum oder engagieren sich im Sunnige Hof Chor. Entscheidend ist eine gute Durchmischung – sonst bleibt es Exklusion statt Inklusion.